Bericht 2015: Eindrücke

Diese Tage fand sich ein kleines Paket mit italienischer Handschrift in unserem Postkasten. Darin befanden sich ein Stück Seife, ein sog. ‚Elbadoron’ und jede Menge Erinnerungen an eine lehr- und erfahrungsreiche Zeit in unserer Exkursionswoche im Mai 2015 auf Elba...

Mit dem Geruch nach Zedern, Myrten und Eukalyptus stehe ich plötzlich wieder auf einem der liebevoll angelegten Hügelbeete, mit Blick über die Bucht von Lacona, und versuche den neu angepflanzten Salbei und Rosmarin von Unkraut zu befreien. Meine Hände umschließen fest das mir noch etwas fremdartige Gartengerät, es riecht nach Erde und über uns steht die Frühlingssonne, die schon relativ heiße Strahlen auf uns schickt.

Die Arbeit im Heilpflanzengarten war allerdings nur ein fester Bestandteil unserer gemeinsamen Woche auf der Isola d’Elba. Diesen Frühling, Ende Mai, haben sich 15 Menschen (alle in kollegialer, freundschaftlicher oder zumindest wissbegieriger Verbundenheit) auf den Weg gemacht, mehr über den Anbau und Herstellungsprozess von Heilmitteln, sowie den Zusammenhang zwischen Pflanze und Mensch zu lernen und verstehen zu wollen.

Herberge und sog. Schirmherr war uns dabei die Stiftung Widar, die nahe dem kleinen Örtchen Copoliveri auf Elba seit einigen Jahren in liebevoller und tüchtiger Arbeit ein kleines Paradies aufgebaut hat. Das Anwesen ‚La Sugheraccia’ weist auf die ursprüngliche Widmung des Anwesens hin, denn vor noch über 100 Jahren zu Zeiten von Napoleon, wuchsen auf dem Grundstück hunderte Korkeichen. Heute erinnern an diese Zeiten nur noch ein paar stolze Eichen, die auf dem höchsten Punkt des heute zum größten Teil bio-dynamisch betriebenen Hof stehen und den dort ansässigen Wildschweinen als Sule und Rückenkratzer dienen. Mit mühsamer Kleinarbeit von Hand hat man das abschüssig gelegene Areal nun in einen Heilpflanzengarten umgewandelt.

Nach getaner Arbeit im Garten widmeten wir uns im Anschluss dem Textstudium anthroposophischer Grundschriften, in denen der Zusammenhang zwischen dem Denken und dem Wahrnehmen beleuchtet wurde, welches zu eifriger Diskussion zwischen den Teilnehmenden führte. Wenn der Kopf also zu hitzig war – sei es durch die Arbeit im Garten oder das viele Nachdenken  - konnten wir uns immer vor Ort stärken. Denn wir hatten das Glück, dass auch für unser leibliches Wohl gesorgt war. Zwei echt italienische Köchinnen bereiteten für uns Frühstück und Abendessen, sorgten für eine Erfrischung in den Pausen und verwöhnten uns mit regional-saisonalen Bio-Produkten und leckeren Gerichten...

Am Nachmittag blieb dann bewusst viel Freiraum für eigene Zeitgestaltung, sodass man auch die Möglichkeit hatte, die neuen Inhalte und Impulse nährend zu verarbeiten. Hier bot sich der nah gelegene Strand von Lacona und die ins Meer ragende Halbinsel für wohltuenden Müßiggang und Seelenpflege an – schwimmend, eisessend, capuccinotrinkend, sonnenbadend, wanderend, ...

Gut gestärkt ging es am frühen Abend weiter mit unterschiedlichen Exkursionen wie Experimenten. So besuchten wir etwa eine der vielen Eisenbergwerke, wo seit vielen Jahrtausenden – das wussten schon die Etrusker – Eisen abgebaut wird. Zudem erhielten wir Einblick in das reichhaltige geologische Vorkommen auf der Insel, bestaunten phantasiereiche Granitformationen oder sammelten türkisfarbene Malachitsteinchen am Strand. Genauso machten wir Wanderungen in der Macchia der Insel um die reichhaltige Flora und Fauna des Mittelmeers zu erkunden. Abends widmeten wir uns dann den alchemistischen Prozessen der Heilmittelherstellung; wir destillierten Salbei, veraschten (über mehrere Tage hinweg) Rosmarin, versuchten Seifen aus Pflanzenauszügen herzustellen und staunten... Oder wir betrachteten unterschiedliche Heiltiere – den im Wohnhaus angesiedelten Bienenschwarm etwa – und verglichen ihn mit dem gemeinen Badeschwamm (Spongiosa). Oder fragten uns, was einen Oliven- von einem Mandelbaum unterscheidet.

Nachts schliefen wir dann glücklich und erfüllt unter dem hell erleuchteten Sternenhimmel in unseren Zelten ein, die wir rund um den Heilpflanzengarten aufstellen durften.

Leider verging die Zeit viel zu schnell und alle waren traurig, dass wir nach einer Woche schon unsere Rückreise antreten mussten. Deswegen wurden schon bald Pläne für eine Fortsetzung geschmiedet, denn die Idee eine inhaltliche Arbeit mit praktischen Anteilen einer Exkursion sowie einer individuellen Freizeitgestaltung zu verknüpfen ist bislang neu unter den anthroposophischen Fort- und Weiterbildungen!

In diesem Sinne: Isola d’Elba, verrà di nuovo!

Marlene Brandl und Odilia Mußler, Witten/Basel, 15. Dezember 2015